In meinem Leben als Autorin kommt es des Öfteren vor, dass
jemand ein Feedback für seine Texte u.a. möchte.
Es gibt einen Autor, mit dem ich Texte gern austausche und wo
Testlesen für beide Seiten ein gewinnbringendes Erlebnis ist. Meine Texte haben
richtig viel gewonnen durch diese Hilfestellung. Die größten Fehler, die passieren
können und einem Autor durch dessen Betriebsblindheit nicht auffallen, sind
Logikfehler. Ein geschultes Leserauge sieht sie sofort und hat einen Aufhänger,
der auch mal zu einer üblen Rezi führen kann.
Ohne ein solches Feedback wäre ich beispielsweise mal mit
einem Buchcover hereingefallen. Ich fand es passend, aber mir wurde geraten, es
nicht zu nehmen, es sei zu plakativ. Ich bin froh, dass ich diesen Tipp befolgt
habe.
Umso erstaunter bin
ich, wenn mir dann Fragen gestellt werden, was ich von einer Geschichte, einem
Klappentext, einem Interviewtext, einer Rezi, einem Titel halte, ob man das so
schreiben könne, was man besser machen könne und die Umsetzung dann gleich null
ist …
Denn ich sehe meine Aufgabe darin, mich sofort mit dem
Objekt zu beschäftigen, mir Gedanken zu machen, andere Arbeit zur Seite zu
legen. Ich lese Texte zweimal, dreimal, damit mir nichts entgeht, und damit ich
sie als Gesamtwerk oder zerlegt betrachten kann. Wenn ich mich näher
beschäftigt habe, muss ich wieder zurückgehen können, Distanz nehmen und wieder
aus einem anderen Blickwinkel schauen. Dieser Aufwand geht von meiner Zeit ab.
Wenn ich dann feststelle, dass meine Anmerkungen überhaupt
nicht umgesetzt wurden und Texte nach wie vor so bleiben, dann frage ich mich,
was mein Gegenüber von mir überhaupt wollte. Hält er mich für bescheuert? Ist es Trotz? Ich
habe ja seinen Text nicht umgeschrieben, sondern nur Tipps gegeben. Wenn jemand
ausdrücklich bittet bzw. fragt, kann er mir auch keine Bevormundung vorwerfen..
Oder bin ich zu ehrlich geworden? Zu kritisch? Zu negativ
vielleicht?
Nein, ich sehe mit den Augen des Lesers, dessen Zweifel und
Ignoranz uns schnell ins Aus befördern können.
Ich bin keine Lektorin. Ich kann mich nur auf meine
inzwischen gewonnenen Erfahrungen berufen. Bei meinem ersten Lektorat fiel ich
fast in Ohnmacht. Rot leuchteten mir die Anmerkungen entgegen. Schonungslos war
aus meinem Text ein anderer geworden, und ich hatte wenig Lust weiterzumachen.
Wie konnte es jemand wagen …
Der Zustand der Starre dauerte zum Glück nicht länger als
einen Tag, dann machte ich mich sofort ans Überarbeiten und erkannte viele
meiner Schwächen.
Der große Gewinn war, von diesen Schwächen zu wissen und sie
jetzt vermeiden zu können.
Zuerst hatte ich selbst Berührungsängste, wagte nicht,
fremde Texte auseinanderzunehmen, weil ich sie nicht zerstören wollte.
Halten sich denn manche wirklich für so gut, dass sie ihre
Werke druckreif finden? Das ist schade, denn es gibt nichts, was man nicht noch
besser machen könnte. Es wäre schade auch deswegen, weil man an einem Punkt
erstarren würde und keine Entwicklung sichtbar wäre.
Wenn dann Leser in Rezis bei diesen 'Ignoranten' genau die
Dinge bemängeln, die mir schon auffielen, dann genieße ich eine stille Genugtuung.
Ich erlebe auch, dass auf meine Antworten überhaupt keine
Reaktion kommt, was ich zutiefst unhöflich finde. Ich kenne das Verhalten aus
Foren, aber hier geht es nicht um den Austausch im Forum.
Mit meinem Wissen und meinen Erfahrungen stehe ich deswegen
gern zu Verfügung, oder besser gesagt stand ich immer gern zur Verfügung. Jetzt
kommt nur noch ein ausgewählter Kreis in den Genuss. Denn ich muss keine
Energie sinnlos verschleudern. Ich setze sie dort ein, wo sie geschätzt wird.
Wo ich auch ein Danke höre. Ich hoffe, diejenigen wissen das und fühlen sich
nicht angesprochen. Es gibt eine Handvoll Menschen im Netz, die mir wichtig
sind, manche davon sind mir näher, als andere im realen Leben es je werden könnten.
Ich lerne immer besser,
die Spreu von Weizen zu trennen, und Zeiträuber habe ich genug.